DEBATTE UM KREISGEBIETSREFORM
Die Unternehmen des Vereins Autobahndreieck Wittstock Dosse e.V. lehnen eine Kreisfusion nicht ab, sondern „unterstützen den Prozess der Kreisneubildung“, sagt Mike Blechschmidt. Aus ihrer Sicht seien Prignitz und Ostprignitz-Ruppin „nicht leistungsfähig“. Er begründet dies mit der geringen Einwohnerzahl und der finanziellen Situation.
Laut Innenministerium haben sie nach Teltow-Fläming die höchste Pro-Kopf-Verschuldung in Brandenburg. In der Prignitz sind das 138,32 Euro und in Ostprignitz 137,09 Euro (Stand 2014). Beide Kreise seien zudem auf hohe Kassenkredite angewiesen, während manche Kreise ganz ohne diese auskommen.
Statt auf ein Scheitern der Reform in letzte Sekunde zu setzen, sollte sich der Kreis auf einen Plan B vorbereiten, fordern Blechschmidt und die im Verein organisierten Unternehmer. Dabei sollte es nicht um den Sitz der Kreisstadt gehen. Wichtiger sei die Frage, wie sich bei den dann großen Entfernungen Wege für Bürger verkürzen lassen. Zum Beispiel mit Ansprechpartnern in den größeren Städten. „Was passiert mit den Standorten der Oberstufenzentren“, fragt Blechschmidt und plädiert für ein Beibehalten aller Schulstandorte. Wirtschaftliche Schwerpunktbranchen, Sparkassen und die Kreiskrankenhäuser seien Themen, über die man im Vorfeld sprechen könne und müsse. Nach den Plänen der Landesregierung drohen aber nicht in jedem Fall Zwangsfusionen. So sind die für Sparkassen nicht vorgeschrieben. Und auch bei Kliniken finden sich bisher keine Anzeichen, die Fusionen fordern.
Mike Blechschmidt fordert eine Rückkehr an den Verhandlungstisch. Wer an Gesprächen nicht teilnehme, bekommt hinterher „kein Stück vom Kuchen ab“. Anders als die Kreisverwaltung würden sich Bürgermeister und Amtsdirektoren aus der Prignitz Gesprächen gegenüber aufgeschlossen zeigen. Gemeinsam mit ihren Kollegen aus Ostprignitz-Ruppin wird es Mitte Dezember in Heiligengrabe ein Treffen geben. Auf diesem werde über künftige Strukturen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit gesprochen.
Verwaltungen arbeiten zusammen
Torsten Uhe weist die Vorwürfe zurück. Weder verweigere er noch seine Mitarbeiter einen Dialog mit dem Nachbarkreis: „Beide Verwaltungen arbeiten zusammen und werden das auch künftig machen.“ Dafür gebe es viele Beispiele, wie die gemeinsame Finanzierung der Bahnstrecke Meyenburg-Pritzwalk und Neustadt (Dosse)-Kyritz. Was die Kreisgebietsreform betrifft, vertrete der Kreis jedoch eine andere Meinung als Mike Blechschmidt. „Mit unserer Position geht es darum, Schaden vom Kreis abzuwenden“, sagt Torsten Uhe. Im Kern liegen die Kreistage Prignitz und Ostprignitz-Ruppin in der Bewertung der Reform dicht beieinander, so Uhe. „Unter anderem lehnen beide Kreistage eine Kreisneugliederung auf der Grundlage des vorliegenden Leitbildes ab.“
Strikt weist der Kreistagsvorsitzende Rainer Pickert (CDU) die Vorwürfe aus dem Pritzwalker Raum zurück. „Von Anfang hat der Kreistag Prignitz sich intensiv in die Diskussion zum Entwurf eines Leitbildes für eine Verwaltungsstrukturreform 2019 eingebracht“, sagt er. Der Kreistag hat im März, September und Dezember 2015 Beschlüsse dazu gefasst. Sie enthalten Grundsatzpositionen und fordern sogar eine Neuverteilung der Aufgaben zwischen Land, Kreis und Kommunen, fasst Pickert zusammen.
In der Sitzung übermorgen wird sich der Kreistag erneut damit befassen. „Ziel muss es sein, eine Änderung des Finanzausgleichsgesetzes herbeizuführen, in dem der Flächenfaktor stärker berücksichtigt wird und eine gerechtere Verteilung der Soziallasten erfolgt. Die beabsichtigte Kreisgebietsreform ist abzulehnen, weil sie weder notwendig noch begründet ist“, sagt Rainer Pickert. Der Kreistag und die Verwaltung hätten sich „intensiv in den Reformprozess eingebracht und werden es auch zukünftig tun“. „Von einer Verweigerungshaltung des Kreistages und des Landrates kann keine Rede sein“, sagt Pickert und fordert Blechschmidt zu einer sachlichen Auseinandersetzung auf.
Dass es zwischen den Kreisen keine Gespräche gegeben habe, könne man nicht sagen, reagiert Lutz Lange als Sprecher des Wachstumskerns Prignitz und Vorsitzender der Wirtschaftsinitiative Westprignitz. Diese hätten auf politischer und wirtschaftlicher Ebene stattgefunden. „Genauso wichtig ist es aber auch, die Gespräche fortzusetzen“, stimmt er Blechschmidt zu. Dem sollten sich alle Beteiligten einschließlich des Landrates nicht verschließen.
Hoffmann: Unsinnige Reform verhindern
Eine ganz andere Position vertritt der CDU-Landtagsabgeordnete Gordon Hoffmann: „Mit dieser Energie sollte man lieber die unsinnige Reform verhindern“, meint er. Dann würden sich all diese Fragen bis hin zur künftigen Kreisstadt gar nicht erst stellen. Er geht davon aus, dass die Volksinitiative die Reform noch stoppen kann. „Die Resonanz in der Prignitz auf die Unterschriftenaktion ist jedenfalls gut“, sagt er. Auffallend sei, dass auch viele Nicht-Wähler der CDU zu den Informationsständen kommen, gegen die Reform unterschreiben.
Quelle: http://www.svz.de/lokales/prignitz/ist-die-prignitz-zu-schwach-id15525271.html